04272 964 968 home@vastu-vasati.de

Den Südwesten beachten, Vastu einfach erklärt


von Elisabeth Hastrup-Kiil
Veröffentlicht zum ersten Mal in der Zeitschrift
Yoga im Zentrum 3 / 2014
Redigierte Ausgabe veröffentlicht in der Zeitschrift
Welt der Spiritualität 3 / 2022

Die Natur des Südwestens

Das feinenergetische Rückgrat eines Raumes, Gebäudes oder Grundstücks ist identisch mit der Südwest-Nordost-Achse. Die Basis (das Fußende) befindet sich in der südwestlichen Ecke, das Kopfende im Nordosten. Der Zustand dieser Achse ist genauso wichtig für eine gute Raumenergie, wie der Zustand der Wirbelsäule in Menschen und Tieren für ihre Gesundheit und Mobilität ausschlaggebend ist.

An der Südwest-Nordost-Achse entlang fließt die Energie von Nordosten Richtung Südwesten. Der organische Jiva-Fluss aus dem Norden und der kosmische Prana-Fluss aus dem Osten vereinen sich mit einem starken Potential im Nordosten und einem schwachen Potential im Südwesten.

Ein starkes Potential entfaltet sich im offenen Raum, deswegen hält man im Vastu den nordöstlichen Bereich leicht, offen und tief. Ein schwaches Potential dagegen, braucht Festigkeit, Halt und Struktur, um positiv wirken zu können. Deshalb gestaltet man im Vastu den Südwesten schwer, eng und hoch. Optimal bildet die südwestliche Ecke eines Gebäudes und eines Grundstücks einen rechten Winkel.

Werden diese Bau- und Gestaltungsprinzipien eingehalten, entsteht im gegebenen Raum ein hochwertiges, energetisches Klima. Für die Bewohner oder die darin Arbeitenden bedeutet es, dass ihre Vorhaben gelingen und ihre Körper dabei gesund bleiben. Natürlich spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Eine sehr unvorteilhaft gestaltete Südwest-Nordost-Achse sollte jedoch sorgfältig umgestaltet werden.

Der versäumte Südwesten – die Elbphilharmonie

Dieser Bau ist aus der Vastu-Sicht ein interessantes Projekt. Für das spektakuläre Wahrzeichen Hamburgs wurde ein dreieckiges Grundstück gewählt.

Laut Vastu entfaltet sich die Wirkung der beiden Kräfte Jiva und Prana optimal in einer rechteckigen und am besten in einer quadratischen Form. Bei einer Vastu-Analyse wird die tatsächliche Form mit der gewünschten, rechteckigen Form verglichen. Was über die rechteckige Form hinausragt, wird „Erweiterung“ und was in der rechteckigen Form fehlt, wird „Fehlbereich“ genannt. Bei dreieckigen Formen ist auf jeden Fall eine Art von Instabilität zu erwarten.

Schwerwiegend ist dieser Effekt, wenn sich der Fehlbereich im Südwesten befindet, wie es bei der Philharmonie der Fall ist. Die feinenergetische Struktur eines Gebäudes auf einem solchen Grundstück wird im Nichts befestigt sein. Dieser Defekt wird besonders auf den Bauherrn einen Einfluss haben, weil dieser in enger Verbindung mit der Himmelsrichtung Südwesten steht.

Bei einem schwachen Südwesten muss mit Widerständen und einem gewissen Chaos, mit starken Verzögerungen und Steigerungen der Kosten gerechnet werden, nicht nur in der Bauphase, sondern auch nach der Inbetriebnahme. Diese negativen Einflüsse werden im Fall der Elbphilharmonie, wie wir später zeigen werden, durch weitere Fehlbereiche im Süden und im Westen verstärkt.

Die Elbphilharmonie besitzt jedoch auch positive Baumerkmale: Die West-Ost-Achse ist in Ordnung – die Dachkonstruktion ist am höchsten im Westen, der Haupteingang befindet sich im Osten, wie auch die offene, öffentliche Plaza vor dem Eingang.

Das Gebäude wird bestimmt bekannt werden und bekannt bleiben, es wird Hamburg ein internationales Gesicht verleihen und viele Besucher anlocken. Der große Konzertsaal ist wie nach Vastu-Prinzipien konzipiert: Ein großer offener Raum beherrscht den zentralen Teil des Gebäudes. Bei Aufführungen in diesem Raum dürfte das Publikum viele mitreißende und belebende Momente erleben.

Die Bedeutung von Wasser

Wasser verstärkt das jeweils gegebene Potential: Im Norden, im Osten und vor allem im Nordosten ist die Anwesenheit von Wasser erwünscht. Im Westen (jedoch nur bedingt) und im Süden und vor allem im Südwesten wirkt Wasser abschwächend, ganz besonders Wasser, das in die Tiefe geht.

Die Elbphilharmonie befindet sich am nördlichen Ufer der Elbe. Richtung Süden, Südwesten und Westen grenzt das Gebäude mit seinem Grundstück direkt ans Wasser. Im Norden bis in den Nordosten befindet sich der Sandtorhafen. Hier wirkt sich das Wasser positiv auf die Gesundheit und die Einnahmen des Philharmonie-Projekts ein. Die größeren Wassermengen im Süden, Südwesten und Westen verstärken jedoch die negativen Aspekte dieser Fehlbereiche.

Man kann das nach Vastu so interpretieren, dass die Philharmonie trotz Ruhm, Beliebtheit und großen Besucherzahlen ein verlockendes Objekt oder sogar eine Ursache für Gier und dubiose Geschäfte werden könnte. Es besteht auch die Gefahr, dass die hoch entwickelten technischen und akustischen Merkmale des Konzerthauses nicht miteinander kompatibel sind, dass sie, so zu sagen, nicht wie erwünscht miteinander in Einklang kommen werden.

Fehlende Verantwortung

Nach dem, dass das Bauprojekt fertiggestellt und die Philharmonie eröffnet wurde, sind in der Tat akustische Probleme im Saal aufgetreten. Außerdem haftet am Bauherrn der zweiten Bauphase (2011 – 2016), dem damaligen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, eine umstrittene Rolle im Zusammenhang mit den Com-Ex-Geschäften der Warburger Bank. Die Endkosten der Philharmonie betragen 860 Millionen Euro, mehr als das 10-fache der mit ursprünglich 77 Millionen Euro geplanten Summe.

Der Berliner Flughafen, ein Ausflug ins Ungewisse

BER - Berliner Flughafen

Der ursprüngliche Flughafen Schönefeld hat recht gute Vastu-Eigenschaften. Der offene Norden mit dem Eingang zu den Terminals verspricht gesunde Umsätze. Das Schönefeld-Gelände besaß eine Erweiterung im Nordosten (die ehemalige Startbahn Nord) sowie eine Erweiterung im Südwesten (die ehemalige Startbahn Süd). Im Nordosten ist eine Erweiterung positiv, im Südwesten eher negativ zu bewerten. Im Südwesten steht eine Erweiterung in Verbindung mit denselben feinenergetischen Mängeln wie bei einem Fehlbereich. In diesem Fall hat der starke Nordosten jedoch zunächst den schwachen Südwesten ausgeglichen.

Wegen der hohen Besucherzahlen sollte der Flughafen erweitert bzw. in einen neuen Flughafen Berlin-Brandenburg Willy Brandt umgewandelt werden. Dafür wurde ein großes Gelände südlich und teilweise südwestlich des Schöneberger Flughafens vorgesehen. Wegen einer neuen Autobahn östlich vom Flughafen wurde die Startbahn Nord geschlossen und der nordöstliche Teil dieser Bahn abgebaut.

Berliner Flughafen BERDiese ersten Schritte sind laut Vastu negativ zu bewerten. Weniger Raum im Nordosten und eine große Erweiterung im Süden haben zunächst eine negative Einwirkung auf Maschinen, Werkzeuge, Entwicklung, Technik, Logistik und auf das Erreichen kollektiver Ziele. Zudem besitzt das neue Flughafen-Gelände eine große Erweiterung im Südwesten für die neue Startbahn Süd. Ein schwacher Südwesten sorgt wie bei der Elbphilharmonie für Verzögerungen, wachsende Kosten und weitere Probleme für den Bauherrn.

Es ist jedoch zu erwarten, dass die schlimmsten Hürden mit der Inbetriebnahme des Berliner Flughafens überstanden sein werden. Dann werden beide Flughafen-Gelände zusammenschmelzen und insgesamt eine vernünftige Form bilden. Am besten wäre es, wenn die alten Terminals in irgendeiner Form erhalten blieben und damit dem ganzen Komplex einen sehr vorteilhaften Eingang im Nordosten verschaffen könnten.

Die beeindruckenden neuen Terminals und die Airport City erreicht man über eine großzügig angelegte Zufahrt aus dem Osten. Mit diesem Flughafen könnten Berlin und Brandenburg auf Dauer Ruhm, eine führende Position und sogar einen finanziellen Aufschwung einheimsen. Gefährdet sind diese Chancen allerdings durch den offenen Süden mit einer unterirdischen Versickerungsanlage für Abwasser sowie durch eine weitere unterirdische Anlage, die Bahnstrecke im Westen.

Schlussfolgernd kann man sagen, dass dieser Flughafen ein sehr kompetentes Management braucht, um die ganze Logistik zusammenhalten zu können. Wie bei der Hamburger Philharmonie finden wir in diesem Bau ausgefeilte Lösungen und Innovationen. Die große Kunst besteht darin, sie im Rahmen des Budgets so miteinander zu verbinden, dass sie sich gegenseitig unterstützen und tatsächlich das funktionelle Design bilden, das eigentlich geplant ist.

Pech und Versäumnisse

Der BER wurde im Oktober 2020 mit neun Jahren Verspätung eröffnet. Im Eröffnungsjahr verzeichneten die gesamten Berliner Flughäfen (wegen der von der Regierung verordneten Pandemie-Maßnahmen) einen Rückgang der Passagierzahlen um fast 75 % im Vergleich zum Vorjahr. Wie die Elbphilharmonie in Hamburg, steht auch das Berliner Wahrzeichen in einer Form der Wechselwirkung mit einer dauerhaft schwachen, politischen Führung der Stadt. Als Beispiel solle im Herbst 2022 vom Verfassungsgericht geprüft werden, ob die Berliner Wahl im September 2021 (drei Wahlen und ein Volksentscheid) wegen erheblichen Wahlfehlern wiederholt werden müsse.

BER - Berliner Flughafen

Der Südwesten als Möglichkeit

Hier wurde die Vernachlässigung des Südwestens in der Architektur und Planung eingehend diskutiert. Werden Vastu-Defizite im südwestlichen Bereich der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses festgestellt, stellt sich die Frage, wie damit umzugehen ist? Meistens sind die Defizite baulich nicht zu ändern, beispielsweise eine große Fensterfläche, eine Terrasse oder eine Küche im Südwesten.

Auf der psychologischen Ebene steht der Südwesten in Verbindung mit unserer Basis und Einflüssen aus der Vergangenheit. Dazu zählen unsere Herkunft und die Ahnen, bisherige Mentoren auf unserem Lebensweg und die Autorität, die wir im Leben zu entfalten vermögen.

Ein Vastu-Defizit kann auf die gleiche Weise wie die rückläufige Phase eines Planeten interpretiert werden. Es lädt zum Nachdenken und zur Klärung liegengebliebener Projekte und in-Vergessenheit-geratener Angelegenheiten ein. Wenn wir uns dieser Aufarbeitung widmen, stärken wir unsere Basis und kommen manchmal spontan auf Ideen, die auch im Wohnbereich eine neu gewonnene Stärke sichtbar machen.

Weiter zur Übersicht der Grundprinzipien der Vastu-Wissenschaft

Fotos von Adobe Stock und
onepointdesign.de (Elbufer und die Autorin auf der Landebahn)